Team:TU Munich/extra/german

From 2011.igem.org

Willkommen zu E.XPRESS3D


In diesem Jahr haben wir es uns zum Ziel gesetzt, einen durch Licht kontrollierten 3D-Drucker unter innovativer Nutzung von Optogenetik zu entwickeln. In einem ersten Schritt wollen wir ein genetisches, logisches AND-gate entwickeln, welches durch Licht zweier unterschiedlicher Wellenlängen (z.B. blaues und rotes Licht) angeregt werden kann. Die Bakterien werden in einer transparenten Gelmatrix immobilisiert, in der sie ortspräzise stimuliert werden, wenn sie mit rotem und blauem Licht zur gleichen Zeit getroffen werden. Ist diese Bedingung erfüllt, wird Genexpression gestartet. Mit diesem System können verschiedene Genprodukte exprimiert werden.

Projektübersicht

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Zu Beginn des Projektes überlegten wir uns viele kreative Lösungen, welche die Welt haben sollte, für die sie aber aus unserer Sicht noch nicht bereit ist. Folglich richteten wir unsere Aufmerksamkeit zu einem aktuelleren Thema: tissue-engineering, die künstliche Erschaffung von Gewebe. In diesem wissenschaftlichen Bereich ist ein drei-dimensionales Grundgerüst, an dem sich die Zellen anhaften können, neben anderen Sachen essentiell. Da die Erschaffung und Konstruktion dieser Matrizen immer noch ein Problem darstellt, werden neue Lösungen benötigt. Momentan arbeiten die meisten Ansätze mit Schichten (für Knochen und Knorpel), oder nutzen Nanofasern und Textiltechnologie zur Generierung eines Gerüstes [1].

Als wir uns dieses Problems annahmen, überlegten wir uns einen völlig neuen Ansatz zur Konstruktion drei-dimensionaler Strukturen. Was wäre, wenn wir Gewebe, Knochen und andere Substanzen einfach drucken könnten? Wie könnten wir das anstellen?

Wir kamen schließlich auf die Idee, etwas in der Richtung der Eingravierung in tiefere Schichten von Glasblöcken zu probieren. Doch anstatt kleine Glasstrukturen zu zerbrechen, wollten wir Bakterien zur Produktion bestimmter Produkte wie Farbe bringen [2].Wie können wir die Bakterien mit einem Laser aktivieren, und sie dabei zur Expression eines Proteins zwingen, ohne sie in tausend kleine Teile platzen zu lassen?

Aufgrund der schier endlos erscheinenden Möglichkeiten der Optogenetik, wurde sie zur Methode des Jahres 2010 durch die Fachzeitschrift Nature Methods gewählt und wird als einer der Durchbrüche des Jahrzehnts angesehen [3]. Das Markenzeichen von Optogenetik ist die Einführung von schnellen, durch Licht aktivierten Kanälen und Enzymen, welche zeitlich präzise Manipulation elektrischer und biochemischer Ereignisse in Bakterien erlauben. Nutzbar sind dabei Kanäle, welche von Bakteriorhodopsin, an der Photosynthese beteiligte Komplexe, wie Phycobilin in Algen (für unseren Rotlichtpromoter) oder bereits existierende lichtsensorische Domänen in E. coli (wie unser Blaulichtpromoter). Optogenetik bietet uns demnach einen eleganten Weg zur Umwandlung eines Lichtsignals zu Proteinexpression an.

Als wir stärker über die Idee nachdachten, wussten wir, dass wir die Bakterien auf irgendeine Art immobilisieren mussten, um sicherzustellen, dass wir gezielt einzelne Bakterien anregen könnten. Daher haben wir eine Matrix mit dem Namen GELRITE gewählt, welche das Licht mit nur wenig Streuung passieren lässt. Zusätzlich enthält unser genutztes M9-Medium nur ein Minimum an (potentiell licht-absorbierenden) Nährstoffen, um Wachstum und Proteinsynthese zu ermöglichen und zu regulieren.

Optogenetisches AND-gate

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Um bakteriell erstellte, drei-dimensionale Strukturen unter Nutzung lichtinduzierter Genexpression zu erhalten war ein präziser Regulationsmechanismus notwendig. Unser überzeugendster Ansatz war das Design eines logischen AND-gates, welches zwei Eingangssignale in ein Ausgangssignal umwandelt. In unserem Fall erweist es sich als nützlich zwei verschiedene Wellenlängen von Licht als Eingangssignale zur Induktion von Genexpression zu nutzen. Nur wenn ein Bakterium mit beiden Wellenlängen gleichzeitig getroffen wird, exprimiert es ein Protein, z.B. ein farbliches Molekül. Somit können wir drei-dimensionale Strukturen im Gelblock erzeugen. Unser AND-gate basiert auf Lichtsensorsystemen, welche von Edinburgh's iGEM-Team aus dem Jahre 2010 entwickelt und optimiert wurden, und auf kürzlich erschienenen Ergebnissen aus dem Voigt lab an der UCSF [4].

Dieses logische gate, welches an der UCSF entwickelt wurde, basiert auf einer amber Stopp-Codon Supprimierung durch die nicht-kanonische tRNA supD. A lichtsensitiver Promotor induziert die Expression von mRNA mit einer Stopp-Codon Supprimierung, welche für T7-Polymerase kodiert. Diese Polymerase kann nur von den Ribosomen translatiert werden, falls die korrekte amber tRNA vorhanden ist. Die tRNA wird durch einen zweiten lichtsensitiven Promotor, welcher anfällig für eine zweite Wellenlänge ist, exprimiert. Nur wenn beide Signale vorhanden sind, findet die Expression eines durch einen T7-Promotor kontrollierten Proteins statt. Wie entschieden uns für Blau- und Rotlichtpromotoren, da ihre Anregungswellenlängen sich signifikant voneinander unterscheiden. Aufgrund dieser Konstruktion sollte es uns möglich sein, Genexpression nur an gezielten Punkten zu induzieren.

Zukünftige Perspektiven

Unsere Vision über den "proof of principle" dieses Projekts hinaus ist es, in GELRITE Bakterien zu fixieren, die Kollagen und Hydroxylapatit anstatt von Farbe exprimieren könnten. Folglich könnten wir Knochenmaterial direkt in dem Gelblock ohne ein weiteres Gerüst generieren. Nach der Proteinsynthese und Sekretion könnte man das Gel einfach ablösen und man hätte einen Knochen, durch Licht "gezeichnet".

Da einfache, künstliche Produktion menschlichen Gewebes und Knochen noch eine schwierige Herausforderung darstellt, denken wir, dass dieser Ansatz ein Weg sein könnte um bestimmte Probleme im Bereich des tissue-engineering zu überwinden. Unter der Annahme, dass alle Bakterien entfernt oder zumindest zerstört worden sind, erhoffen wir uns eine verminderte Immunabstoßungsreaktion, da das Material keine Oberflächenantigene präsentiert, wie zum Beispiel andere Säugetierzellen. Anschließend könnte der Knochen mit Zellen des Empfängers beschichtet werden und eine komplette Knochenstruktur wäre das Ergebnis.



Referenzen:

1. Linda G. Griffith and Gail Naughton. Tissue Engineering - Current Challenges and Expanding Opportunities. SCIENCE, Vol. 295, 2002.

2. Keming Du and Peng Shi. Subsurface precision machining of glass substrates by innovative lasers. Glass Sci. Technol., 76, No. 2, 2003

3. Nature Methods 8 (1, 2011).

4. J Christopher Anderson, Christopher A Voigt, and Adam P Arkin. Environmental signal integration by a modular and gate. Mol Syst Biol, 3, 08 2007.